Anatomie ist Fluch und Segen zugleich: Man quält sich in der Vorklinik durch Physik, Biologie und Chemie und hat das Gefühl, man studiere gar kein Medizin.
Endlich kommt dann Anatomie, aber man wird von der schieren Masse an Lernstoff erschlagen.
Doch wie geht man da nun ran? Auswendig lernen? Bilder anschauen?
Hier erfährst du, wie du Anatomie erfolgreich meisterst:
So lernst du Anatomie richtig
Du hast verschiedene Möglichkeiten, dich auf Prüfungen in der makroskopischen Anatomie vorzubereiten. Am besten kombinierst du mehrere Methoden, da du hierbei sowohl sehr viel auswendig lernen musst als auch ein bildliches Verständnis des Körpers aufbauen solltest.
Du hast mehrere Möglichkeiten:
Womit lerne ich für Anatomie?
Vorlesungen
Bei Vorlesungen scheiden sich die Geister: Der eine findest sie richtig gut und der andere kann damit gar nichts anfangen. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus würde ich euch trotzdem raten, in die Anatomie-Vorlesung zu gehen. Auch wenn du dabei vielleicht nicht so viel aktiv lernst oder dir merken kannst, weißt du zumindest, welche Themen und Fakten den Dozierenden wichtig sind. Für Klausuren ist das durchaus relevant, da ja auch deine Professor*innen die Klausurfragen erstellen.
Falls dir Vorlesungen richtig gut gefallen, lohnt es sich den Vorlesungsstoff vor- und nachzubereiten. Die meisten Profs stellen ihre Folien online, sodass du am Abend vorher einmal durchblättern kannst. Markiere dir Unklarheiten und Fragen zu den Folien und blättere das Kapitel im Lehrbuch durch, um den Umfang und Inhalt abschätzen zu können.
Während der Vorlesungen sollten sich dann deine Fragen klären. Wenn dein Prof manche Sachen extra betont und sehr oft erwähnt, schreibst du dir das am besten mit. Es ist nicht sinnvoll jedes einzelne Wort mitzuschreiben, dafür gibt’s ja schon die Lehrbücher. Manchmal werden dann aber doch Inhalte erwähnt, die du nicht so einfach in Anatomie-Büchern nachlesen kannst. Wenn dir nach der Vorlesung immer noch viele Sachen unklar sind, dann nimm dir 1-2 Stunden Zeit, um das im Lehrwerk deiner Wahl nachzulesen.
Anatomie-Atlas
Der Anatomie-Atlas hat viele Abbildungen, die detailliert beschriftet sind. Damit kannst du dich gut auf Präpkurs-Testate vorbereiten, da du hier meistens Strukturen am Spenderkörper benennen musst. Meiner Meinung nach ist das größte Lernziel der Anatomie, eine 3D-Vorstellung des Körpers zu bekommen. Auch später in der Klinik ist es wichtig zu wissen, wo Leitungsbahnen verlaufen und wie Organe und Knochen aussehen.
Die Atlanten enthalten weniger Text als die Lehrbücher, aber sind dennoch gut beschriftet und enthalten alle wichtigen Übersichtstabellen. Besonders die Leitungsbahnen sind hier mit all ihren Ästen dargestellt. Die Abbildungen sind groß genug, um die Strukturen gut voneinander unterscheiden zu können.
Anatomie Lehrbuch
In den Lehrbüchern findest du wesentlich mehr Text als in den Atlanten, dafür sind die Abbildungen aber auch weniger und kleiner.
Der Vorteil an Atlanten ist eindeutig, dass dir hier mehr erklärt wird. Besonders Gelenkfunktionen und Verläufe von Muskeln und Arterien werden explizit erläutert. Im Altas findest du oft nur ein Bild, aber keine genaue Beschreibung. Auch werden mehr klinische Zusammenhänge erwähnt, was mir das Lernen sehr erleichtert hat. Abgesehen davon fragen die Profs mittlerweile in Testaten auch gerne nach Krankheitsbildern und zeigen dir MRT-, CT- oder Röntgenbefunde.
Karteikarten
Bücher und Vorlesungen dienen dem Verständnis, jetzt musst du dir das alles aber auch noch merken! Es gab viele Studien zum Thema Lernen und Gedächtnis, wobei sich immer ein Zusammenhang klar gezeigt hat: Spaced Repetition funktioniert am besten. Für den optimalen Lernerfolg solltest du möglichst früh mit dem Abfragen von Karteikarten anfangen und diese regelmäßig wiederholen. Dadurch schickst du die Lerninhalte in dein Langzeitgedächtnis. Du willst ja nicht nur beim Testat wissen, welche Äste die A. carotis externa hat, sondern auch noch im Physikum ;)
Wie viele Karteikarten du pro Tag wiederholst und wie groß die Abstände dabei sind, kannst du selber entscheiden.
Eine Möglichkeit wäre z.B: 1 Stunde - 1 Tag - 3 Tage - 1 Woche - 10 Tage - 1 Monat - 2 Monate
Wenn dir dabei irgendwelche Intervalle zu kurz oder zu lang sind, kannst du das einfach an deine Bedürfnisse anpassen.
Lernplattformen
Der große Vorteil von Lernplattformen wie Amboss oder Via Medici ist definitiv das Suchfeld. Um dir nochmal Ursprung, Ansatz, Innervation und Funktion des M. triceps surae anzusehen, musst du nicht ewig in einem dicken Anatomie-Buch blättern. Du gibts einfach den Suchbegriff ein und erhältst sofort eine Antwort. Dir werden auch verwandte Themen, Abbildungen und Physikums-Wissen angezeigt. Vor allem, wenn du dir nicht ganz sich bist, wonach du jetzt eigentlich suchst, erhältst du mehrere Antwortvorschläge. Bücher können das eben nicht!
Die Erklärtexte sind auch wirklich gut, wenn man den Stoff nochmal kurz wiederholen will.
Das Beste kommt natürlich zum Schluss: Du hast das ganze Wissen immer mobil in der App oder im Webbrowser dabei. Die meisten Unis haben auch eine Campuslizenz für Amboss oder Via Medici. Das heißt, du musst dafür nicht mal Geld ausgeben.
Kreuzen
Der Effekt beim Kreuzen von Klausur-Altfragen bzw. Physikumsfragen ist so ähnlich wie bei Karteikarten: Du testest dein Wissen aktiv. Meiner Erfahrung nach, sollte man Karteikarten und Altfragen immer zusammen nutzen. Durch die Karteikarten verstehst du den Stoff und mit den Altfragen lernst du komplexere Fragestellungen kennen.
Bei Altfragen ist es am wichtigsten, den Fragestil und Schwerpunktthemen zu erkennen. Oft lässt man sich leicht von einer anderen Formulierung ins Schleudern bringen, obwohl man den Stoff eigentlich gut verstanden hat.
Viele Prüfer*innen stellen auch gerne Altfragen in Klausuren. Wenn du davor gut mit Kreuzfragen gelernt hast, sind das praktisch geschenkte Punkte für dich.
Prüfungsprotokolle
Für die mündlichen Testate im Präpkurs musst du unbedingt die Altprotokolle deines Profs durchgehen. Sie wiederholen sehr gerne Fragen aus den letzten Jahren und haben mit der Zeit auch Lieblingsthemen etabliert. Manchen ist z.B. das Urogenitalsystem komplett egal, aber dann fragen sie nach der embryologischen Entwicklung des Pankreas.
Wenn du das schon in der Vorbereitung auf dein Testat weißt, kannst du manche Themen auslassen und dafür andere intensivieren.
Finde deine eigene Methode für Anatomie
Probiere am besten für 2 Wochen verschiedene Lernmethoden aus. Die Anatomie-Bücher kannst du dir in der Bibliothek ausleihen oder deine Uni stellt sie dir online zur Verfügung.
Persönlich habe ich mich dafür entschieden, mich von den Vorlesungen berieseln zu lassen, um einen Überblick für das große Ganze zu bekommen. Danach habe ich dann viel im Atlas und Lehrbuch gelesen. Beide Lehrwerke benutzte ich parallel, weil mir das so am besten gefallen hat. Ich wollte große Abbildungen, aber auch viel erklärenden Text.
Mit meinen Karteikarten habe ich den Stoff wieder und wieder abgefragt und nach jeder Session mir Altfragen und Protokolle angeschaut. Wenn ich etwas aus den Altfragen nicht beantworten konnte, hab ich dazu eine neue Karteikarte erstellt.
Das hier ist nur meine persönliche Erfahrung und Empfehlung. Es gibt keine universell richtige Lernmethode für Anatomie, weil jedes Gehirn anders tickt. Jetzt musst du einfach herausfinden, was für dich am besten funktioniert.
Manche lesen lieber, andere sprechen die Antworten vor sich hin, ein paar schauen sich Bilder an und wieder andere diskutieren am liebsten mit Freunden.
Wenn du gar keine Ahnung hast, wo du anfangen sollst, empfehle ich dir Karteikarten. Der Erfolg dieser Lernmethode ist empirisch nachgewiesen und die meistem meiner Kommiliton*innen lernen so.
Viel Erfolg und Spaß beim Lernen!
Und vergiss nicht: Medizin ist ein spannendes Studium, auch wenn man dafür ganz schön viel büffeln muss...